Das Foto zeigt einen Sessel.

Analog durch Gelsenkirchen – Bömmsken, Barrock und die schönsten Fotospots

2. Mai 2025

Ich trete aus dem Laden, schlage den Mantelkragen hoch. Es ist winterlich grau, das Licht ist fahl, eine eisige Brise weht mir um die Nase, der frische Schnee knarzt mir unter den Schuhen. In der Hand halte ich die entwickelten Abzüge meines Tages in Gelsenkirchen im letzten August. Kaum habe ich den Umschlag geöffnet, tauchen die Eindrücke lebendig vor mir auf: Der warme Kaffeeduft in Ückendorf, das Spiel von Licht und Schatten in den versteckten Gassen von Buer und der rosafarbene Sonnenuntergang über der Emscher im Nordsternpark. Ein Sommertag voller Ruhrgebietszauber, eingefangen auf Film.

Das Foto zeigt die Reisebloggerin smaracuja in Gelsenkirchen.

Zusammen mit meiner Canon AE-1 und einem Kodak Film auf der Suche nach den besten Fotospots in Gelsenirchen

Ich möchte euch heute mitnehmen auf eine Reise zurück nach Gelsenkirchen, mit tollen Fotospots und den schönsten Orten für analoge Aufnahmen. Hier kommen meine Tipps für eine Fototour durch das Ruhrgebiet, mit versteckter Street Art, tollen Cafés und eine Halde darf natürlich auch nicht fehlen!

Buer – Brunchen mit Street Art Offensive

Ich starte meinen Ausflug im Stadtteil Buer. Es ist Samstagmorgen, der Wochenmarkt und die Einkaufsstraße sorgen für geschäftiges Treiben. Natürlich braucht man für eine lange Fototour Stärkung und die bekomme ich beim Brunch in der Sorella Bar. Bei Café Latte und Burrata-Brot lade ich in aller Ruhe meine Kamera mit dem mitgebrachten Film, bevor ich mich auf die Pirsch mache.

Das Foto zeigt Street Art/Graffiti in Gelsenkirchen Buer an einer Häuserwand.

Das Mural von MANDIOH in der Maximilanstraße wirkt fast fotorealistisch

In Buer lohnt es sich in Seitenstraßen zu schlendern, denn hier verstecken sich ein paar tolle Street Art Werke an den Hauswänden. In der Maximilianstraße finde ich ein beeindruckendes Mural von MANDIOH, entstanden durch die Gelsenkirchener Street-Art-Offensive: eine Frau im Wasser, mit der Botschaft „Kein Femizid mehr“ – eine starkes Statement.

Das Foto zeig ein Gebäude in Gelsenkirchen Buer mit Graffiti an einer Hauswand.

Sommerliche Gefühle verbreitet das Wandbild der Künstlerin Gizem Erdem

Hinter der St. Urbanus Kirche entdecke ich ein weiteres Werk: Eine Häuserwand mit Feuertreppe ist geschmückt mit einer Blumenwiese der Kölner Künstlerrin Gizem Erdem. Ich liebe das Motiv weil es richtig schöne Sommerlaune auf das graue Bauwerk bringt.

Hier am Kirchplatz findet sich übrigens auch einiges an toller 60er Jahre Architektur, für FotografInnen wie mich, die es lieben das Spiel von grafischen Linien, Strukturen, Farben und Schatten auf Film festzuhalten.

Das Foto zeigt ein Gebäude in Gelsenkirchen Buer.

Grafische Formen und Strukturen in der Architektur Buers geben ein tolles Fotomotiv

Die Welt ist klein in Ückendorf – Kultur mit Gelsenkirchener Barrock

In Ückendorf angekommen, dauert es kaum fünf Minuten auf der Bochumer Straße, bis der erste Film fast voll ist. Alte Fassaden, Fliesenmuster und spannende Schaufenster reihen sich hier aneinander – mittendrin die Heilig Kreuz Kirche. Der heute als Konzerthalle genutzte Sakralbau ist ein tolles Beispiel für den Backstein Expressionismus im Ruhrgebiet und ein super Fotomotiv.

Das Foto zeigt ein Gebäude in Gelsenkirchen Ückendorf von außen.

Überall gibt es etwas zu entdecken

Zum Filmwechsel und für eine kleine Stärkung mit Kaffee und Kuchen kehre ich im Café Utelier ein. Kaum habe ich bestellt, spricht mich eine freundliche Stimme von der Seite an „Bist du Nina?“. Es ist Kirsten von @Gelsenkirchenmylove, die meinen Trip auf Instagram verfolgt hatte. Sofort versorgt sie mich mit Tipps für den Stadtteil und schickt mich weiter zur kuratierten Buchhandlung readymade, die alle paar Monate Bücher zu wechselnden Themen anbietet. Besitzer Lukas legt gerade eine passende Platte auf, und wir plaudern über Literatur und das Ruhrgebiet. Er empfiehlt mir das Georgel, ein überraschendes Kunstprojekt nur ein paar Häuser weiter. Zuerst denke ich, ich betrete gerade einen Trödelladen, doch in diesem Raum voller Schränke aus dem sogenannten „Gelsenkirchener Barock“ verbirgt sich eine Soundinstallation. Schubladen und Türen der Eiche-Rustikal-Möbel geben Stimmen von Menschen aus dem Stadtteil preis, aufgenommen und installiert vom Künstler Stefan Demming. Hier treffe ich Ruth, die samstags eine „Umkleidekabine“ anbietet – eine 80er-Jahre-Fotosession mitten im Gelsenkirchener Wohnzimmer.

Ich wechsle die Straßenseite und schlendere auf ein Straßenschild zu: Flöz Dickebank. Hier liegt eine der ältesten Arbeitersiedlungen des Ruhrgebiets. Noch 1970 kämpften die Bewohner gegen den Abriss der Siedlung, heute steht sie unter Denkmalschutz und ist teil der Route Industriekultur. In diesem kleinen Carré mit rundem Marktplatz findet man sie, die Gelsenkirchener Gemütlichkeit: Spitzenvorhänge, Sonnenblumen und natürlich überall Fahnen von Schalke 04.

Das Foto zeigt bemalte Garagen in Gelsenkirchen in der Siedlung Dickebank.

Of course: S04

Hier ist nicht da

Von dort geht es weiter zum Hier ist nicht da – einem Treffpunkt für Kunst, Musik und Kulturveranstaltungen.

Das Foto zeigt eine Wand mit Graffiti in Gelsenkirchen Ückendorf.

Im Biergarten des Hier ist nicht da gibts nicht nur Feierabendbier sondern auch leckere Burger aus dem Foodtruck

Während ich gerade die bunte Fassade auf meinem Film festhalte, treffe ich Nadja, die mich vorher schon über Social Media mit ihren Tipps versorgt hat und hier arbeitet. Sie erzählt mir, dass im „HIND“ nicht nur Konzerte und Lesungen stattfinden, sondern auch Werwolf Spieleabende, Swiftie Karaoke oder Kleidertausch. Da wäre ich ja bei allem gerne mal dabei!

Trinkhalle am Flöz

Mein letzter Stop in Ückendorf liegt direkt gegenüber: Die Trinkhalle am Flöz. Und natürlich treffe ich hier nicht nur wieder auf Kirsten sondern auch auf Ruth aus dem Georgel, die hier in der Trinkhalle hinterm Tresen steht. So langsam wird mir klar: Die Welt ist klein in Ückendorf, jeder kennt hier jeden, selbst wenn man erst seit ein paar Stunden hier ist. Und das mag ich so am Ruhrgebiet.

Schöne Aussichten auf der Halde Rheinelbe

Nach so viel Stadteindrücken zieht es mich jetzt aber in die Natur. Zum Glück gibts auch in Gelsenkirchen reichlich grüne Ecken. Direkt „umme Ecke“ von Ückendorf liegt die Halde Rheinelbe und die ist für eingefleischte Haldenfans auch schnell erklommen ist. Die Abendsonne taucht alles in ein goldenes Licht – natürlich perfekt für Fotos! Für mich gehört ein Haldenbesuch zu jedem Ruhrgebiets Ausflug dazu, denn ich liebe es da oben mal für einen Moment inne zu halten und die Aussicht zu genießen – gerade an so einem vollgepackten Tag.

Sonnenuntergang im Nordsternpark

Und genau dieser Tag neigt sich langsam dem Ende zu, doch ich habe noch genug Zeit für einen kurzen Abstecher in den Nordsternpark.

Auf dem ehemaligen Gelände der Zeche Nordstern befindet sich heute ein vielseitiges Naherholungsgebiet, das Industriegeschichte mit Natur und Kultur verbindet. Neben der Parkanlage mit Spielplätzen gibt es auch einen Kletterturm, eine Freilichtbühne und den Nordsternturm mit einer Aussicht auf das Ruhrgebiet.

Mein liebster Ort zum Fotografieren sind die Brücken über die Emscher und den Rhein-Herne-Kanal. Der Anblick der roten Bögen und Seile über dem Wasser bei Sonnenuntergang, der die Industriekulisse in ein rosa Licht taucht, ist für mich der perfekte Abschluss.

Byebye Ruhrgebiet: es war wieder schön!

Zu Hause blättere ich noch ein wenig in den Abzügen meines Ausflugs nach Gelsenkirchen und werde mir sicher einige davon aufhängen. Allein dafür lohnt es sich doch, die analoge Kamera mal wieder vom Staub zu befreien, oder?

Analoge Fotografie – Meine Tipps

Kamera & Film:
Ich fotografiere meist mit meiner Canon AE-1 Programm und einem Kodak Gold 35mm Film (200 ISO). Dieser Film liefert warme Farben und eignet sich hervorragend für die urbane Fotografie.
Objektiv:
Ein lichtstarkes 50mm-Objektiv mit einer Blende von 1.4 ist mein Favorit – perfekt, um mit Tiefenschärfen zu spielen und Details zu betonen. Eine Festbrennweite hilft außerdem, den Fokus auf das Wesentliche zu legen, ohne ständig das Objektiv zu wechseln.
Komposition & Licht:
Gerade Linien und interessante Farben sind ein Schlüssel für gute Bilder – dabei lohnt es sich, auch mal nach oben zu schauen. Für warme, weiche Schatten fotografiere ich am liebsten am späten Nachmittag, wenn das Licht goldener wird. Die Mittagszeit meide ich wegen der harten Schatten.
Extra-Tipp:
Für spontane Fototouren habe ich zusätzlich eine analoge Point-and-Shoot-Kamera dabei. Diese ist leicht, handlich und ideal, wenn es schnell gehen muss. Und: Nicht alles muss perfekt sein – bei analoger Fotografie haben auch kleine Fehler ihren Charme!

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