Das Bild zeigt die Mountenbikestrecke in der Haard

Mountainbiken in der Haard – Dat kann ja nix sein! Oder vielleicht doch?

6. Juni 2020

Ich bin ehrlich. Als ich das erste Mal von einer Mountainbikestrecke in der Haard zwischen Haltern am See, Oer-Erkenschwick und Recklinghausen gehört habe, war ich zunächst skeptisch. Das Wort „Mountainbike“ setzt sich doch aus den englischen Wörtern „Mountain“, also Berg, sowie „Bike“ zusammen. Das „Bike“ stellt für die meisten Mountainbiker natürlich kein Problem dar, aber Berge in der Haard? Fast im Münsterland? „Dat kann ja nix sein“, schoss es mir anfangs durch den Kopf.

Das Bild zeigt Ben Zwiehoff

Startklar für die Tour in der Haard © PhotoFilm

Los geht´s – Dichter Wald, sandiger Boden, keine Autos

Allerdings bin ich ein Mensch ohne Vorurteile. Deswegen fragte ich meinen besten Kumpel Florian, ob er nicht Lust hat, mit mir die „Haard on Tour“ zu inspizieren, damit wir uns ein eigenes Bild machen können. Gesagt getan. Über die Erzbahntrasse von Essen-Kray geht es für uns an den Halden Rheinelbe und Pluto vorbei in Richtung Rhein-Herne-Kanal. An der Halde Hoheward wechseln wir auf den Radweg in Richtung Recklinghausen und Marl. Ein kurzes Stück entlang der A43 und schon sehen wir auf der anderen Seite der Autobahn das weitläufige Waldgebiet der Haard. „Das war ja dank des hervorragenden Radwegenetzes im Ruhrgebiet schon mal super einfach“, denke ich.

Kurze Zeit später erreichen wir den Parkplatz an der Brinkfortsheide und sehen sofort das erste blaue Schild, das uns den Weg zur Haard on Tour weist. Nach ca. 2,5 km können wir kaum glauben, dass wir gerade noch im Herzen des Ruhrgebiets waren. Ein dichter Wald, sandiger Boden, keine Autos, irgendwie idyllisch. Am Wegesrand entdecken wir gleich schon das nächste Schild. Diesmal ein Rotes. Die blauen Schilder weisen den Weg vom Parkplatz in die Haard hinein, die roten Schilder markieren die Mountainbikestrecke selbst.

Das Bild zeigt ein Schild auf der Mountenbikestrecke in der Haard

Durch die roten Schilder fällt es nicht schwer, die Orientierung zu behalten

Ob ausgedehnte Tour oder Feierabendrunde mit dem Mountainbike – Spaß ist garantiert

Die Haard on Tour ist ein Rundkurs durch die gesamte Haard. Folgt man ihm, so kann man einige Stunden Spaß haben. Dabei bietet dieser für nahezu alle Biker seine Vorteile. Wer viel Zeit hat, fährt die gesamte Runde. Das Schöne dabei ist, dass man fast keinen Zwischenstopp machen muss. Man kann stundenlang fahren, ohne an einer Straße oder Ampel anhalten zu müssen. Für diejenigen, die vielleicht nur eine kleine Feierabendrunde drehen wollen, bietet der MTB Trail mehrere Möglichkeiten der Abkürzung, sodass Ihr auch die verschiedenen Abschnitte der Runde einzeln fahren könnt. In meinen Augen ein wirklich gelungenes Konzept.

Das Bild zeigt die Mountenbikestrecke in der Haard

Die Strecke bietet viele Abkürzungsmöglichkeiten

Flo und ich entscheiden uns aufgrund der Anreise mit dem Bike für eine der kleinen Runden. Von der Brinkfortsheide folgen wir den Schildern im Uhrzeigersinn und kürzen über den Recklinghäuser Weg ab. In diesen knapp 60 Minuten überrascht uns eine 18 Kilometer lange Schleife, die nicht nur konditionell, sondern auch fahrtechnisch etwas zu bieten hat. Die Haard ist mit ihrem sandigen Untergrund sehr speziell. Man bekommt hier als Mountainbiker wirklich nichts geschenkt. Die fehlenden Höhenmeter gleicht der Rollwiderstand des Sandes sofort aus. Man fühlt sich oft so, als ob man wirklich bergauf fahren würde. Die Trails des Rundkurses fahren sich dafür umso flüssiger, sodass Flo und ich beide überrascht sind, wie kurzweilig und abwechslungsreich das erste Teilstück ist.

Das Bild zeigt die Mountenbikestrecke in der Haard

Die Strecke ist kurzweilig und abwechslungsreich

Geübte Mountainbiker kommen voll auf ihre Kosten

Nun haben wir Blut geleckt. Durch die Abkürzung kommen wir auf direktem Weg weiter zum Dachsberg nach Haltern. Von hier aus starten die wohl anspruchsvollsten Kilometer der neuen Mountainbikestrecke. Ganz unbekannt sind sie für uns nicht. Auf einigen Abschnitten dieser Strecke fanden in der Vergangenheit schon zahlreiche NRW-Meisterschaften, Deutschlandcups und sogar die deutsche Hochschulmeisterschaft statt. Ich selbst konnte hier sowohl NRW-Meister, Deutschlandcupsieger, als auch deutscher Hochschulmeister werden!

Ich liebe die Cross-Country-Rennen in Haltern, die vor allem dafür bekannt sind, dass der Dachsberg mit seinen 22-Prozent Steigung schon so manchen Biker an seine Grenzen gebracht hat. Deswegen finde ich es klasse, dass der Regionalverband Ruhr (RVR) sowie die „Haardbiker“, die für diese Strecke zuständig sind, auch die bewährten Passagen am Dachsberg mit aufgenommen haben.

Auf diesem Teil der Strecke kommen vor allem die geübten Biker auf ihre Kosten. Es geht steil bergauf und flowig wieder bergab. Wenn es mal regnen sollte, wird es je nach Reifen sogar richtig schwierig. Die Mischung aus Sand und Lehm macht den Haardboden bei Regen zu einer echten Rutschpartie.

Das Bild zeigt die Mountenbikestrecke in der Haard

Auch geübte Biker kommen hier voll auf ihre Kosten

Vier Stunden, 95 Kilometer und 1000 Höhenmeter

Nachdem wir nun auch das Ründchen am Dachsberg abgeschlossen haben, schauen Flo und ich ungläubig auf unsere Tachos. Schon vier Stunden, satte 95 km und fast 1000 hm stehen zu Buche. Die Zeit verging aufgrund der abwechslungsreichen Streckenführung durch die Haard einfach wie im Flug, wir hatten beide eine Menge Spaß und kamen vollends auf unsere Kosten. Als wir gute 90 Minuten später wieder in Essen ankommen, sind wir zwar etwas erschöpft, aber vor allem glücklich, und genau darum geht es doch beim Mountainbiken.

Mountainbiken in der Haard – Mein Fazit

Die neue Mountainbikestrecke „Haard on Tour“ ist für mich persönlich eine großartige Ergänzung zu den bereits bestehenden legalen Strecken im Ruhrgebiet. Ich als Profi bin in gewisser Weise auf diese Angebote angewiesen. Dank des RVRs sowie den „Haardbikern“ steht uns allen nun ein neues Mountainbike-Revier zur Verfügung, in dem wir alle eine Menge Spaß haben werden. Für alle Leistungs- sowie Nachwuchssportler ist die Haard eine tolle Möglichkeit und ganz sicher eine große Hilfe, damit hoffentlich in Zukunft noch mehr Mountainbiker so wie ich das Privileg haben dürfen, sich auf olympische Spiele sowie Welt- und Europameisterschaften vorzubereiten.

Abschließend wünsche ich Euch allen, dass Ihr weiterhin gesund durch die Corona-Zeit kommt und weise auf die geltenden Abstandsregeln hin. Lasst uns Mountainbiker als Vorbild vorangehen und vor allem diejenigen in der Gesellschaft schützen, die aktuell den meisten Schutz bedürfen. Ride on!

Ein Artikel von Ben Zwiehoff

Das Foto zeigt Ben Zwiehoff

Ben Zwiehoff © Christof Kreutzer

Hallo, mein Name ist Ben Zwiehoff. Ich bin Rennrad-Profi für das deutsche World-Tour-Team Bora-Hansgrohe, komme aus dem Herzen des Ruhrgebiets, aus Essen Steele, und bin seit einigen Jahren offiziell als Testimonial für das radrevier.ruhr tätig. In meinem täglichen Training nehme ich nicht selten mehr als 100 Kilometer der feinsten Ruhrpott-Radwege unter die Stollen und kenne das Revier so gut wie meine Westentasche. Als ehemaliger Mountainbikeprofi ist das Biken natürlich weiterhin meine große Leidenschaft! Gerne kombiniere ich auch meinen alten und meinen neuen Job – was dabei rumkommt? Die feinsten Gravel-Touren des Reviers.

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Mit dem Mountainbike unterwegs in der Haard

8 Kommentare auf den Beitrag “Mountainbiken in der Haard – Dat kann ja nix sein! Oder vielleicht doch?

Geschenke für Mountainbiker gibt es hier!

Martin sagt:

Sehr interessanter Beitrag!

Verena sagt:

Dass beim Mountainbike keine Ampeln die Fahrt behindern, ist wohl der Grund, warum ich es als spaßige Erholung vom Berufsalltag bezeichnen kann. Wir haben uns dazu entschieden, dass wir für unseren nächsten Urlaub ein Hotel mit einem umfassenden Aktivitätsangebot, einschließlich der Möglichkeit, Mountainbike zu fahren, buchen werden. Wir sind sehr optimistisch, dass wir auf diese Weise einige Tage abschalten können.

Adolf Weber sagt:

Liebe Sportsfreunde,
meine Frau und ich besuchen die Haard seit Jahrzehnten, seit Jahren auch für das Nordic-walking -Training ( Marathon ), wobei wir auch schnell laufen, 7 km/std. Leider ist die übliche, anspruchsvolle, Strecke jetzt zu 95 % Zuweg oder Hauptstrecke für MTB geworden. Am Ende des in beide Richtungen befahrbaren Zuwegs ab P 58 nördlich des Schärpenbergs ist der Weg sehr schmal, steigt stark an und hat ganz oben eine sehr enge Kurve. Wenn da ambitionierte Biker schnell entgegenkommen, ist der Unfall vorprogrammiert. Ein Ausweichen des Walkers zur Seite ist unmöglich. Und so gibt es viele Stellen. Man sieht dort auch Rehwild und Wildschweine, viele frei laufende Hunde und Reiter, die nicht auf den Reitwegen bleiben. Wer verantwortet dieses Chaos?
Ohne den MTB-Fahrern zu nahe treten zu wollen: Dieser Rundkurs ist ein Frevel für die schöne Haard.
Um unserem Protest Ausdruck zu geben werden wir ab sofort nur noch auf dem MTB-Rundkurs walken. Da haben wir eine schöne Marathon- Trainingsstrecke.

Jochen sagt:

Hallo Herr Weber,
vielen Dank für Ihre Anmerkungen. Der Nutzungsdruck auf die Haard ist aktuell insbesondere durch Corona enorm hoch. Jeder will raus an die frische Luft und in die Natur. Daraus resultieren erhebliche Nutzungskonflikte zwischen den unterschiedlichen Teilnehmern. Wir halten es für besonders wichtig, dass alle Besucher des Waldes sich mit entsprechendem Respekt gegenüber und Rücksicht auf die Natur und andere Nutzer des Waldgebietes verhalten. Das gilt für die Mountainbiker ebenso wie für Reiter, Wanderer und eben auch Nordic Walker. Jeder sollte Verständnis zeigen, dass es auch andere Interessen als die eigenen gibt. Nach unseren Erfahrungen schaffen das auch die meisten, leider verursachen die wenigen Hardliner durch falsches Verhalten enorme Konflikte, die eigentlich völlig unnötig sind. Denn Untersuchungen zeigen, dass alle Nutzer von Waldgebieten das Interesse und die Liebe zur Natur eint. Wer sich oft und gerne im Wald aufhält, hat auch im sonstigen Leben i.d.R. einen umweltfreundlichen Lebensstil. Das sollten wir achten und fördern und nicht andere Interessensgruppen aus dem Wald vertreiben. Ein freundliches „Servus“ bei der Begegnung hilft aus meiner Sicht fast immer dabei, dem gegenüber ein freundliches Lächeln abzugewinnen – ganz egal, ob er mit dem Hund unterwegs ist, im Sattel eines Pferdes oder Rades sitzt oder mit Nordic Walkingstöcken durch den Wald läuft.
Schönen Gruß
Jochen

Urban, Wiebke sagt:

Der Rundkurs und seine Folgen…
Wir fahren nun schon seit einigen Jahren in der Haard. Es war dort immer beschaulich und wir waren froh, dass wir das Problem mit den bösen Mountainbikern dort nicht kannten.
Dann kam das C – Virus und es wurde dunkel….
angelockt durch den Rundkurs wurde es voll im Wald! War es doch schon bereits durch Corona deutlich voller, zog es nun Fahrer in die Haard, die gern auch mal mehr fahren, als es den technisch familienfreundlichen Rundkurs. So kam dann häufig bei den Kollegen auf 2 Rädern die Frage auf, wo man denn hier richtig fahren könnte und ob das alles sei, was auf dem Rundkurs geboten würde? Dazu kamen dann noch die Kollegen, die durch geschlossene Bikeparks auf den Wald ausweichen müssen, wenn sie ihrem Hobby weiter nachgehen möchten.
Das ungute Gefühl…
welches sich bei dieser Situation breit machte, wurde dann leider bestätigt, als der Förster böse wurde und Kontrollen einführte. Ganz klar, abseits der Wege fahren ist verboten ABER
wenn ich eine Strecke anbiete und als anspruchsvoll ( was für viele Biker unterschiedliche Bedeutungen hat ) publiziere, dann führt das zu frustrierten Besuchern, die im schlechtesten Falle weit gefahren sind, die einmalig dort fahren und denen es total egal ist, ob es zu Problemen führt, wenn man kreuz und quer durch den Wald fährt.
Des Weiteren…
bietet die Haard tatsächlich technisch anspruchsvolle Passagen und genug Möglichkeiten dort legal auch mal ein Paar Kicker, Drops, Tables oder Doubles zu bauen. Schade, dass man hier wohl diese Art von Bikern nicht haben möchte und sich lieber rumärgert, wenn illegal gebaut oder gefahren wird anstatt das gleich von Anfang an mit zu berücksichtigen. Wenn man sich Strava ansieht, gibt es einige Strecken ( Abfahrten ) , bei denen dort die Zeiten verglichen werden… kein Wunder, dass Spaziergänger dann in die Büsche springen müssen. Hier lässt man sich lieber auf ein Kräftemessen ein, anstatt eine Lösung für alle zu finden, die nun einmal dort sind – ob man sie will oder nicht!!!
Eine Anekdote zum Rundkurs … wir sind traurig, hoffen das sich mal alle an einen Tisch setzen ( Förster, Verein, Naturschutz und Fahrinteressenten ) um eine bessere Lösung zu finden! Beispiele das es geht, gibt es genug …. bittet wartet nicht, bis es eskaliert!

Jochen sagt:

Hallo Frau Urban,
vielen Dank für Ihren Hinweis zum Mountainbike-Trail in der Haard. Wir sind im engen Austausch mit den Vertretern der Förster und auch der Mountainbiker und auch uns ist die problematische Situation dort bekannt. Die außergewöhnliche Situation durch Corona hat ebenso außergewöhnlich viele Menschen in das Waldgebiet gezogen. Daraus haben sich leider noch mehr Nutzungskonflikte zwischen den unterschiedlichen Interessen der Personen ergeben, als ursprünglich erwartet. Natürlich arbeiten alle Personengruppen an einer gemeinsamen Lösung, aber es ist natürlich auch verständlich, dass die verschiedenen Personengruppen teilweise doch sehr abweichende Interessen vertreten und es nicht leicht sein wird, hier alle halbwegs zufrieden zu machen.
Der Trail gehört sicherlich nicht zu den anspruchsvollsten Mountainbiketrails und er richtet sich eher an tourorientierte Mountainbiker. So kommunizieren wir die Strecke auch auf https://www.ruhr-tourismus.de/de/radrevierruhr/mountainbike-gravel-und-rennrad/mountainbike/haard-on-tour.html. Er ist ein schöner erster Anfang sowohl für Einsteiger in die Sportart Mountainbike wie auch für die Region bei der Entwicklung von legalen Mountainbikestrecken. Langfristig wollen wir die Region hier noch besser entwickeln, kurzfristig ist dagegen die allgemeine Rücksichtnahme auf die anderen Personen im Wald und die Natur am wichtigsten. Durch gegenseitiges Verständnis können die meisten Konflikte am ehesten vermieden werden. Meine persönliche Erfahrung hat mich gelehrt, dass ein freundliches „Servus“ auf dem Trail meistens zu einem freundlichem Lächeln auf der anderen Seite führt. Je mehr Rücksicht im Wald auf die anderen Interessensgruppen genommen wird, desto weniger Konflikte müssen im Wald ausgetragen werden.

Uwe sagt:

Wir sind mit dem Cyclocrosser die Tour gefahren. Für geübte durchaus machbar, zur Not den Dachsberg umfahren (wg. der Abfahrt – rauf kann man ja schultern).
Ich hoffe die Strecke wird auch für uns Crosser weiterhin gepflegt. Nach stärkeren Regenfällen und dadurch Rinnen bei Abfahrten dürfte es etwas unentspannt werden. Und auch die Hinweisschilder immer wieder freischneiden und kontrollieren. Auch einige Schilder mit Nummern zu versehen könnte helfen die Übersicht zu behalten. Wer die Haard nicht kennt merkt schnell dass man auch die Übersicht verlieren kann und ins grübeln kommt ob man hier nicht schon war.
Sportliche Grüße

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