Ich bin ehrlich. Als ich das erste Mal von einer Mountainbikestrecke in der Haard zwischen Haltern am See, Oer-Erkenschwick und Recklinghausen gehört habe, war ich zunächst skeptisch. Das Wort „Mountainbike“ setzt sich doch aus den englischen Wörtern „Mountain“, also Berg, sowie „Bike“ zusammen. Das „Bike“ stellt für die meisten Mountainbiker natürlich kein Problem dar, aber Berge in der Haard? Fast im Münsterland? „Dat kann ja nix sein“, schoss es mir anfangs durch den Kopf.

Los geht´s – Dichter Wald, sandiger Boden, keine Autos
Allerdings bin ich ein Mensch ohne Vorurteile. Deswegen fragte ich meinen besten Kumpel Florian, ob er nicht Lust hat, mit mir die „Haard on Tour“ zu inspizieren, damit wir uns ein eigenes Bild machen können. Gesagt getan. Über die Erzbahntrasse von Essen-Kray geht es für uns an den Halden Rheinelbe und Pluto vorbei in Richtung Rhein-Herne-Kanal. An der Halde Hoheward wechseln wir auf den Radweg in Richtung Recklinghausen und Marl. Ein kurzes Stück entlang der A43 und schon sehen wir auf der anderen Seite der Autobahn das weitläufige Waldgebiet der Haard. „Das war ja dank des hervorragenden Radwegenetzes im Ruhrgebiet schon mal super einfach“, denke ich.
Kurze Zeit später erreichen wir den Parkplatz an der Brinkfortsheide und sehen sofort das erste blaue Schild, das uns den Weg zur Haard on Tour weist. Nach ca. 2,5 km können wir kaum glauben, dass wir gerade noch im Herzen des Ruhrgebiets waren. Ein dichter Wald, sandiger Boden, keine Autos, irgendwie idyllisch. Am Wegesrand entdecken wir gleich schon das nächste Schild. Diesmal ein Rotes. Die blauen Schilder weisen den Weg vom Parkplatz in die Haard hinein, die roten Schilder markieren die Mountainbikestrecke selbst.

Ob ausgedehnte Tour oder Feierabendrunde mit dem Mountainbike – Spaß ist garantiert
Die Haard on Tour ist ein Rundkurs durch die gesamte Haard. Folgt man ihm, so kann man einige Stunden Spaß haben. Dabei bietet dieser für nahezu alle Biker seine Vorteile. Wer viel Zeit hat, fährt die gesamte Runde. Das Schöne dabei ist, dass man fast keinen Zwischenstopp machen muss. Man kann stundenlang fahren, ohne an einer Straße oder Ampel anhalten zu müssen. Für diejenigen, die vielleicht nur eine kleine Feierabendrunde drehen wollen, bietet der MTB Trail mehrere Möglichkeiten der Abkürzung, sodass Ihr auch die verschiedenen Abschnitte der Runde einzeln fahren könnt. In meinen Augen ein wirklich gelungenes Konzept.

Flo und ich entscheiden uns aufgrund der Anreise mit dem Bike für eine der kleinen Runden. Von der Brinkfortsheide folgen wir den Schildern im Uhrzeigersinn und kürzen über den Recklinghäuser Weg ab. In diesen knapp 60 Minuten überrascht uns eine 18 Kilometer lange Schleife, die nicht nur konditionell, sondern auch fahrtechnisch etwas zu bieten hat. Die Haard ist mit ihrem sandigen Untergrund sehr speziell. Man bekommt hier als Mountainbiker wirklich nichts geschenkt. Die fehlenden Höhenmeter gleicht der Rollwiderstand des Sandes sofort aus. Man fühlt sich oft so, als ob man wirklich bergauf fahren würde. Die Trails des Rundkurses fahren sich dafür umso flüssiger, sodass Flo und ich beide überrascht sind, wie kurzweilig und abwechslungsreich das erste Teilstück ist.

Geübte Mountainbiker kommen voll auf ihre Kosten
Nun haben wir Blut geleckt. Durch die Abkürzung kommen wir auf direktem Weg weiter zum Dachsberg nach Haltern. Von hier aus starten die wohl anspruchsvollsten Kilometer der neuen Mountainbikestrecke. Ganz unbekannt sind sie für uns nicht. Auf einigen Abschnitten dieser Strecke fanden in der Vergangenheit schon zahlreiche NRW-Meisterschaften, Deutschlandcups und sogar die deutsche Hochschulmeisterschaft statt. Ich selbst konnte hier sowohl NRW-Meister, Deutschlandcupsieger, als auch deutscher Hochschulmeister werden!
Ich liebe die Cross-Country-Rennen in Haltern, die vor allem dafür bekannt sind, dass der Dachsberg mit seinen 22-Prozent Steigung schon so manchen Biker an seine Grenzen gebracht hat. Deswegen finde ich es klasse, dass der Regionalverband Ruhr (RVR) sowie die „Haardbiker“, die für diese Strecke zuständig sind, auch die bewährten Passagen am Dachsberg mit aufgenommen haben.
Auf diesem Teil der Strecke kommen vor allem die geübten Biker auf ihre Kosten. Es geht steil bergauf und flowig wieder bergab. Wenn es mal regnen sollte, wird es je nach Reifen sogar richtig schwierig. Die Mischung aus Sand und Lehm macht den Haardboden bei Regen zu einer echten Rutschpartie.

Vier Stunden, 95 Kilometer und 1000 Höhenmeter
Nachdem wir nun auch das Ründchen am Dachsberg abgeschlossen haben, schauen Flo und ich ungläubig auf unsere Tachos. Schon vier Stunden, satte 95 km und fast 1000 hm stehen zu Buche. Die Zeit verging aufgrund der abwechslungsreichen Streckenführung durch die Haard einfach wie im Flug, wir hatten beide eine Menge Spaß und kamen vollends auf unsere Kosten. Als wir gute 90 Minuten später wieder in Essen ankommen, sind wir zwar etwas erschöpft, aber vor allem glücklich, und genau darum geht es doch beim Mountainbiken.
Mountainbiken in der Haard – Mein Fazit
Die neue Mountainbikestrecke „Haard on Tour“ ist für mich persönlich eine großartige Ergänzung zu den bereits bestehenden legalen Strecken im Ruhrgebiet. Ich als Profi bin in gewisser Weise auf diese Angebote angewiesen. Dank des RVRs sowie den „Haardbikern“ steht uns allen nun ein neues Mountainbike-Revier zur Verfügung, in dem wir alle eine Menge Spaß haben werden. Für alle Leistungs- sowie Nachwuchssportler ist die Haard eine tolle Möglichkeit und ganz sicher eine große Hilfe, damit hoffentlich in Zukunft noch mehr Mountainbiker so wie ich das Privileg haben dürfen, sich auf olympische Spiele sowie Welt- und Europameisterschaften vorzubereiten.
Abschließend wünsche ich Euch allen, dass Ihr weiterhin gesund durch die Corona-Zeit kommt und weise auf die geltenden Abstandsregeln hin. Lasst uns Mountainbiker als Vorbild vorangehen und vor allem diejenigen in der Gesellschaft schützen, die aktuell den meisten Schutz bedürfen. Ride on!
Tags: Fahrradtour, Haard, Kreis Recklinghausen, Mountainbike, Radfahren, radrevier.ruhr, Radtour
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Ben Zwiehoff
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Wir sind mit dem Cyclocrosser die Tour gefahren. Für geübte durchaus machbar, zur Not den Dachsberg umfahren (wg. der Abfahrt – rauf kann man ja schultern).
Ich hoffe die Strecke wird auch für uns Crosser weiterhin gepflegt. Nach stärkeren Regenfällen und dadurch Rinnen bei Abfahrten dürfte es etwas unentspannt werden. Und auch die Hinweisschilder immer wieder freischneiden und kontrollieren. Auch einige Schilder mit Nummern zu versehen könnte helfen die Übersicht zu behalten. Wer die Haard nicht kennt merkt schnell dass man auch die Übersicht verlieren kann und ins grübeln kommt ob man hier nicht schon war.
Sportliche Grüße